Kommentar zur Salzburger Kunst­ausstellung, 1906

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Heinrich Knirr

Man darf von Ausstellungen in Provinzstädten natürlich nicht erwarten, daß sie ein Bild des allerneuesten Entwicklungstadiums der Kunst darbieten, sondern wird es zu würdigen wissen, wenn man darin gute Malerei oder Plastik überhaupt findet, ob nun älterer oder neuerer Richtung.
Einen Vorzug hat eine Ausstellung in einer Stadt wie Salzburg immer: sie ist nicht überfüllt; man kann infolgedessen leichter zu einem innerlichen Kunstgenuß kommen als in einer großen internationalen Ausstellung; zudem sind die sieben Kabinette bei aller Einfachheit recht geschmackvoll ausgestattet.

Die meiste Beachtung beansprucht diesmal Heinrich Knirrs Damenbildnis. Portrait will es keines sein, ja die koloristische Konsequenz, die durch den Zusammenklang von Lila und Grün dem Antlitz der Dame etwas Starres, Wächsernes verleiht, scheint uns von der Betrachtung der Gesichtszüge von vornherein ablenken zu wollen, damit wir uns ganz versenken in die wundervolle Farbensymphonie von Kleid, Sofa, Wand und Bildrahmen ( im Bilde) und in die unübertreffliche stoffliche Charakterisierung der knisternden Seidenrobe und der weichen, zarttönigen Möbel. 1906

Fritz Stattler`s Damenportrait ist bis auf das konventionell gemalte Anlitz von großzügiger Wirkung und voll natürlicher Noblesse

Walter Thor hat das Portrait seines Vaters ausgestellt und zeigt sich darin wieder als ein Meister des Bildnisses, der jede Pose verschmäht und deswegen von so großer Bedeutung ist.

Philipp Laßlo zeigt uns den Künstler Sonnenthal. Wie diese Augen Geist sprühen! Wie dieser Körper lebt und indem er sich zu bewegen scheint, von innerem Leben redet! Ein Meisterstück der Darstellung eines Menschendarstellers!

Die Landschaft ist in mehreren gediegenen Leistungen vertreten. Bei Kallmorgen, Eugen Kampf freuen wir uns über das weiche gdämpfte Kolorit, O`Lynch v. Town ist durch seine ausdrucksvolle Technik interessant und infolge seiner Luftdarstellung, wodurch er die Einzelheiten der Landschaft so schön vereint, überaus schätzenswert; Charles Vetter läßt uns großstädtisches Verkehrsleben schauen und zeigt uns so im bunten Getriebe der Straßen und im Gezische und Rauch des Bahnhofes die Schönheit der Wirklichkeit. Meyer-Basel weiß ohne alle auffallenden Lichteffekte große Landschaftstimmungen zu offenbaren; Carlos Grethe versetzt uns in die Größe der Meerespoesie, man kann sich nicht satt sehen an diesem Spiel von Wasser und Luft, das vor unseren Augen wie im steten Wechsel erscheint; Hugo Darnaut ist heuer mit seinem „Park im Winter“ und dem „Winterabend“ feiner als je vertreten und in Hans Nowak (Salzburg) lernt man einen hervorragend tüchtigen Aquarellisten kennen. Max Schlichtings „Im Metropoltheater in Berlin“ ist auf Rot gestimmt: Plaudernde Menschengruppen, die sich im hohen lichterfüllten Foyer bewegen, eine treffliche Schilderung von Theaterstimmung.

Besonders gute Leistungen weist heuer das Stilleben auf: Therese Bühler, A.H. Allgäu, Tina Blau, Olga Florian-Wiesinger, Herma Schlechter, Adele Esinger und Adam Kunz bereiten uns durch ihre Darstellungen von Blumen, Obst und Fischen einen köstlich feinen Genuß und sagen uns, daß das Stilleben gerade in unserer Zeit, da die Farbenfreude eine Auferstehung feiert, wieder zu seinem künstlerischenRecht gelangen kann.

Sehr dankenswert ist es, daß in der Ausstellung einige kleine Plastiken von dem verstorbenen R. Maison zu sehen sind. L.P.

Neues vom Büchermarkt 1906:

Die Verwirrungen des Zöglings Törleß. Robert Musil

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