Auto­mobilitische Rund­schau vom 5.August 1909

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Die  deutsche Automobilindustrie steht längst auf gleicher Höhe mit der des Auslandes, selbst der mächtigen französischen, und ist auf dem besten Wege, sich auch den Weltmarkt zu erobern.
Wenn trotz lebhafter Anstrengungen unserer großen Etablissements bisher nicht allzu befriedigende Resultate erzielt wurden und der Absatz deutscher Fabrikate im Ausland verhältnismäßig schwach blieb, so ist das zum großen Teil auf die geringe Beachtung zurückzuführen, die das Ausland den deutschen Veranstaltungen entgegenbringt. Trotz der guten Beziehungen, die der kaiserliche Automobilklub mit den führenden ausländischen Klubs unterhält, hat er seinen Veranstaltungen doch nur selten eine internationale Bedeutung und größere Auslandsbeteiligung sichern können.

Adler 1909
Adler 1909

Selbst die größte automobilistische Konkurrenz diese Jahres in Deutschland, die Prinz-Heinrich-Fahrt, war von dem Auslande nur wenig beschickt worden und fand demzufolge auch in der ausländischen Presse nur eine schwache Resonanz.

Die erfolgreichen Firmen vermochten sich so auf dem internationalen Markt nicht ohne weiteres auf Grund ihrer heimischen Errungenschaften zur Geltung zu bringen und müssen sich früher oder später entschließen, auch Auslandskonkurrenzen zu bestreiten und die Kosten für derartige Expeditionen nicht zu scheuen.

In der kürzlich beendeten Ostender Automobilwoche fand sich bereits eine stattliche Reihe deutscher Wagen am Start ein und trug mit zu dem glanzvollen und interessanten Verlaufs dieses Meetings bei.Wie bei der Prinz-Heinrich-Fahrt, so konnten auch hier die Opel- und Mercedes Wagen glänzende Triumphe feiern. Landrat von Marx, Heinrich Opel, Lindpaintner, Joerns und Jenatzy waren in Ostende wie in dem sich unmittelbar anschließenden Meeting von Boulonge die Helden der Woche.

Reklame: Mercedes

Die Belgier hatten diesmal übrigens eine Neuerung bei den Rennen eingeführt, die zur Nachahmung nur empfohlen werden kann. Bei den Schnelligkeitsprüfungen über das Kilometer wurden die Wagen nicht einzeln über die Strecke gelassen und nach der gefahrenen Zeit klassifiziert. Sie starteten vielmehr paarweise. Die Sieger der Vorrunden traten dann wieder in Zwischenrunden gegeneinander an, bis schließlich ein Paar in jeder Klasse übrigblieb, das um die Siegespalme kämpfte. Sowohl für die Zuschauer wie für die Fahrer gewann das Rennen dadurch an Leben und Spannung.

Während sowohl in Ostende wie in Boulogne lediglich die Geschwindigkeit gewertet wurde, kam es bei der anläßlich der Zoppoter Sportwoche abgehaltenen ostdeutschen Tourenfahrt vorwiegend auf die Regelmäßigkeit des Betriebes an. Sowohl die Beteiligung von dreiundzwanzig Wagen wie der glatte Verlauf der Fahrt bedeutete für den veranstaltenden Ostdeutschen Automobilklub einen Erfolg.

Sieger blieb abermals ein Opel-Wagen, der von dem Oberprimaner H. Ephraim aus Görlitz gesteuert worden war. Im Übrigen zeichneten sich Adler, Benz, Gaggenau und Komnick aus.

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