Gesellschaft & Kultur

Ein Eroberer 1908

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Sei gegrüßt, du fröhlich Märchen,
Sei willkommen, Karneval,
Kommt, Ihr beiden kleinen Närrchen,
Kommt, wir gehen zum Faschingsball!
Was uns auch bisher woll´t schrecken,
In des Werktags trübem Grau,
Heut werft alles in die Ecken,
Heut ist uns der Himmel blau!

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Sei gegrüßt, du fröhlich Märchen,
Sei willkommen, Karneval,
Kommt, Ihr beiden kleinen Närrchen,
Kommt, wir gehen zum Faschingsball!
Was uns auch bisher woll´t schrecken,
In des Werktags trübem Grau,
Heut werft alles in die Ecken,
Heut ist uns der Himmel blau!

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Seht ihr, wie ich Späße mache?
Seht ihr wie voll Übermut
Ich die ganze Welt verlache
Als ein echtes Wiener Blut?
Denn beim Lachen und beim Scherzen,
Beim gebräuchlich süßen „Du“
Fliegen eure jungen Herzen
Mir wie Schmetterlinge zu!

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Freude, die uns Gott gegeben,
Blüht wie Lenz in Winternacht,
Kathi, Poldi, Ihr sollt leben,
Samt der schwarzen Maskentracht!
Hand in Hand zum frohen Reigen
Lockt uns der Trompeten Schall,
Alle Sorgen müssen schweigen –
Sei gegrüßt, mein Karneval! 


Pariser Chronik Februar 1889

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Der Februar war diesmal ungnädiger, als es seine Art zu sein pflegt. Sonst schickte er uns, mit der hinterlistigen Absicht allerdings, sich im März durch einige Schneestürme wieder schadlos zu halten, schon in den tollsten Carnevalswirbel einige warme Brisen von der südlichen Riviera in die Stadt, damit die paar Menschen, welche nicht in der Lage sind, auf fashionable Weise in Cannes ihren Husten und in Monte Carlo ihr Geld zu verlieren, auch eine Ahnung von der irdischen Glückseligkeit bekommen; in… Read more.

Leo XIII

Rundschreiben des Papstes, 1884

Der h. Vater hat unter dem 30. August eine Encyclica an alle Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe der katholischen Welt erlassen, in der unter Hinweis auf die vorjährige Encyclica, welche die Anrufung der Gottesmutter während des Monats Oktober durch Pflege des Rosenkranzgebetes anordnete, dieselben Vorschriften auch für dieses Jahr erlassen werden. Der h. Vater führt in dem Rundschreiben aus, daß die Gründe, welche ihn zur Hervorhebung dieser besonderen Kundgebung der Frömmigkeit veranlaßt haben, noch fortbestehen. Für Italien sei es um so… Read more.

Die Hygiene auf dem Lande, 1911

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Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt, daß fast überall auf dem Lande die Hygiene immer noch als ein „Mädchen aus der Fremde“ angesehen wird. Selbst ihre einfachsten Regeln und Vorschriften bürgern sich nur sehr schwer ein. Diese Unwissenheit und Gleichgültigkeit beeinflusst naturgemäß auch die Krankheits- und Sterblichkeitsziffern. Nach einer Statistik des Reichsversicherungsamtes kommen in der Land- und Forstwirtschaft auf 1000 Kranke im Alter von 22 bis 24 Jahren 371 männliche, 284 weibliche Tuberkulosefälle, auf 1000 im Alter von 25-29… Read more.

Ein erloschener Studenten­brauch, 1910

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Das „Hutschen“ gehörte früher zu den häufigen studentischen Gebräuchen.
Es war das eine Art von Brüderschaftstrinkens, wobei beide Teile alles, was sie im Augenblick auf und an dem Leibe hatten, also auch Degen, Uhren, Ringe und Börsen, tauschten.

Studenten 1910

Gewöhnlich fügte sich der jüngere Student und gab seine schönen Kleidungsstücke, die Wäsche samt Ring, Uhr, Degen und Börse dem älteren Hutschbruder, während er selbst nun die von dem älteren zu diesem Zweck besonders ausgesuchten fadenscheinigen Kleider, die Wäsche und höchstens noch eine völlig leere Börse erhielt und dann noch obendrein ausgelacht und ironisch als ein jetzt erst für das Studentenleben Hoffnung gebender junger Mann belobt ward.

Zuweilen wurde auch eine Hutschung bloß im Interesse der Belustigung vorgenommen, wenn ein sehr großer Student einem sehr kleinen das Hutschen anbot, und dann der eine mit Ärmeln, die kurz unter dem Ellenbogen aufhörten, und der andere mit den am Boden nachschleppenden Rockschößen nach Hause ging.

Miss Christabel Pankhurst oder die Anwendung kriegerischer Mittel, 1908

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Die Energie, mit der die Frauen in England für die Einführung des Frauenstimmrechts kämpfen, ist entschieden bewundernswert, wenn auch die Mittel, die sie zur Erreichung ihres Zieles anwenden, nicht immer nach unserem Geschmack sein mögen. Der Verlauf der Frauenbewegung in England hat eben gezeigt, daß mit einer lediglich doktrinären Politik in dieser Frage, wie sie von den ersten, vor etwa vierzig Jahren entstandenen Frauenvereinen befolgt wurde, kein Erfolg zu erzielen ist. Erst seitdem die englischen Frauen nach dem Rat und… Read more.

Besondere Frauen: Dr Elise Richter, 1905

Dr. Elise Richter

Zum ersten Male kündigt an der altehrwürdigen Wiener Universität ein weiblicher Dozent seine Vorlesungen an. Fräulein Doktor Elise Richter ist endgültig zur Dozentur zugelassen worden und ihr Mann figuriert bereits unter den Vortragenden auf der Liste des Wintersemesters 1905/06.

Der Krieg und unsere Kinder, 1914

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Was gewinnt die Jugend von der heutigen bewegten Zeit? Es war einmal. Wie böse Märchen muteten uns die Schilderungen der Alten und Uralten von den vergangenen Kriegsnöten an. Jetzt sind sie wieder zu unserem Schrecken Wirklichkeit geworden. Die Kriegsfurie rast wieder durch die Länder und hinterdrein das böse Gefolge der apokalyptischen Reiter, wie es die beiden großen Maler Dürer und Cornelius packend dargestellt haben: die Pest, die Teuerung, der Tod. Lazar Melneczuk* Und dennoch haben wir in diesen Tagen der… Read more.

Schauspielerin Pauline Ulrich, 1890

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Zu den hervorragendsten Mitgliedern der deutschen Bühne gehört Fräulein Pauline Ulrich, die bekannte erste Liebhaberin und Heldin des Dresdner Hoftheaters.Als geborene Berlinerin machte sie ihre ersten Versuche auf der Bühne des Liebhabertheaters "Concordia" und der des Berliner Hoftheaters und nahm dann ein Engagement in Stettin an. Von dort kam sie an das Hoftheater zu Hannover und 1859 an das Dresdner Hoftheater, das sie noch jetzt zu ihren besten Kräften zählt. Einer uns von der bekannten Schriftstellerin Dr. Helene Druskowitz freundlichst… Read more.

Die Volks­tümlichkeit der Bienenzucht, 1930

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Wieviele Bienenvölker in den verschiedenen Staaten auf je 100 Einwohner entfallen.

Die Biene, das emsige Sinnbild der Sparsamkeit und des Fleißes, ist ein Tierchen, daß sich trotz seines Stachels großer Volkstümlichkeit erfreut. Sie gehört zu den Tierchen, die alle Leute gerne haben. Viele Lieder und viele Erzählungen singen und sagen vom Bienchen und seinem Summen.

Des Summens wegen hält man die Bienen freilich nicht in Bienenkörben, sondern wegen des wohlschmeckenden, heilsamen und vitaminreichen Honigs. Aber man hält und schätzt die Bienen auf der ganzen Welt.

In der wiesenreichen Schweiz kommen 66 Bienenvölker auf je 100 Einwohner und ebensoviel in Spanien. Jugoslawien, das Agrarland, folgt mit 58, Österreich mit 57 und Rumänien mit 48 Bienenvölkern auf je 100 Einwohner.

Die Tschechoslowakei hat nur 38, die Ukraine 37, Polen 33 und Frankreich 32 Bienenvölker auf 100 Einwohner.

Dann sinken die Zahlen sehr rasch, um ihren tiefsten Stand mit Norwegen zu erreichen, wo nur 7 Bienenvölker auf 100 Einwohner kommen.

Die Vergleichszahlen stammen aus amtlichen Zählergebnissen. 1930

Münchner Malerinnen – Ida Klaus, 1906

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Die Damenakademie Ida Klaus (München) in ihrem Atelier "Solange wir vereinzelt in der Menge stehen, werden wir nicht vorwärts kommen", rief im Tone der Mutlosigkeit eine der jungen Damen. Die Kolleginnen stimmten lebhaft bei; und nun erzählte jede von den vier Malerinnen ihre Leidensgeschichte. Sie bewegten sich um einen Kernpunkt: keine Unterstützung und Förderung von außen; ein harter, ohnmächtiger Kampf gegen die solidarisch, in kompakter Masse vorgehenden Künstlergenossenschaften; gegen vorgefaßte Meinung, offenkundige Geringschätzung und geheime Intrige. "Nur durch gemeinsames Vorgehen… Read more.

Besondere Frauen: Alice Salomon, 1906

Alice Salomon, bekannt in der deutschen Frauenbewegung dadurch, daß sie als Vorsitzende der Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit in Berlin mit großer Tatkraft und tiefem Verständnis auf dem Gebiete der Armenpflege und der Arbeiterinnen tätig ist, promovierte kürzlich zum Dr. phil. an der Berliner Universität.
Alice Salomon ist die Verfasserin vom zweiten Teil des „Handbuchs der Frauenbewegung“, herausgegeben von Helene Lange und Gertrud Bäumer. Eine Sammlung von Vorträgen, die sie hielt, ist unter dem Titel: „Soziale Frauenpflichten“ erschienen. Alice Salomon gehört dem Vorstand des Bundes Deutscher Frauenvereine als protokollierende Schriftführerin an.

Auto­mobilismus und Behörde, 1910

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Das Kraftfahrzeug als ein gefährlich Ding Das Automobil ist nun doch einmal eine Maschine, und zwar eine recht komplizierte Maschine, und wenn es heute sogar unseren deutschen Automobilbesitzern, die sich täglich ihres Kraftwagens bedienen, ich darf ruhig sagen - leider - eine ganz erhebliche Anzahl gibt, die von dem Wesen und der Konstruktion des von ihnen benutzten Fahrzeuges keine Ahnung haben, und die sich in jeder Beziehung auf ihren Chauffeur verlassen, dann darf es nicht wundernehmen, wenn unsere Richter und… Read more.

Bei- und Spitznamen in der öster­reichisch-ungarischen Armee, 1914

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Von Kellnern, Edelknaben, Mostschädeln und Stierwaschern... Wenn im gewöhnlichen bürgerlichen Leben der Humor schon den Sorgenbrecher darstellt, der imstande ist den Menschen zeitweise über den Ernst des Lebens hinwegzuhelfen, dann ist der Humor für den Feldsoldaten erst recht diejenige Stimmung, die ihn stärkt und ihn mit Frische und Strammheit, mit Elastizität und guter Laune durchtränkt, wenn der Ernst des Krieges auf ihn einstürmt.Der Humor unserer Soldaten äußert sich zunächst in den Spitznamen, die sie den einzelnen Regimentern verliehen haben. Diese… Read more.

Kommentar zur Salzburger Kunst­ausstellung, 1906

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Heinrich Knirr Man darf von Ausstellungen in Provinzstädten natürlich nicht erwarten, daß sie ein Bild des allerneuesten Entwicklungstadiums der Kunst darbieten, sondern wird es zu würdigen wissen, wenn man darin gute Malerei oder Plastik überhaupt findet, ob nun älterer oder neuerer Richtung.Einen Vorzug hat eine Ausstellung in einer Stadt wie Salzburg immer: sie ist nicht überfüllt; man kann infolgedessen leichter zu einem innerlichen Kunstgenuß kommen als in einer großen internationalen Ausstellung; zudem sind die sieben Kabinette bei aller Einfachheit recht… Read more.

Bericht vom Salzburger Musikfest, 1906

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Fr. Lili Lehmann Den zahlreichen Festen, womit die Kulturwelt den hundertfünfzigsten Geburtstag Mozarts gefeiert hat, wurde mit dem diesjährigen Salzburger Musikfeste der würdigste Abschluß bereitet. Es waren herrliche Tage, die vom 14. bis 20. August eine auserlesene Anzahl Künstler und eine tausendköpfige Schar von Musikfreunden, beide international im schönsten Wortsinne, an den Ufern der Salzach vereinigten. Die Darbietungen selbst waren fast ausnahmslos der hohen Gelegenheit würdig. Unter den Mitwirkenden muß in erster Reihe Fr. Lili Lehmann*  genannt werden, deren geistvoller… Read more.

Wiener Theater­­leben, 1890

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Der März 1890 hat uns ziemlich bewegte Theaterwochen gebracht. Im Theater an der Wien gastieren die "Münchener", im Carl-Theater Herr Schweighofer, im Deutschen Volkstheater Herr Mitterwurzer, in der Hofoper sang Fr. Sthamer-Andriessen einige Rollen der Frau Materna, als deren Nachfolgerin sie in Aussicht genommen ist, und im Burgtheater - ja da ist jetzt Urlaubszeit. Herr Robert, Herr Hartmann und Frau Hohenfels sind zur gleichen Zeit beurlaubt, ihnen folgt alsbald Herr Sonnenthal, der uns für sieben Wochen verläßt, und dessen Schicksal… Read more.

Exzentrische Frauen, 1891

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Man hört so oft und so viel von exzentrischen Frauen sprechen, daß es sich wohl der Mühe lohnt, dieser, wie es heißt, alltäglichen Erscheinung etwas näher zu treten. Natürlich lohnt sich da zunächst die Frage, was unter "exzentrisch" zu verstehen sei: "Aus dem geistigen Mittelpunkte getreten sein und sich durch Handlungen bemerkbar machen, welche durch ihre Seltsamkeit und Außergewöhnlichkeit überraschen, ja befremden."Im Grunde genommen, sind alle Frauen mehr oder weniger exzentrisch, allein die Exzentrizität wird zumeist als eine Eigenschaft der Engländerinnen… Read more.

Milde Gaben für unsere Telefon­damen,1912

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 Leider reicht der enge Raum unsrer Zeitschrift nicht aus, unserer Meinung über das Wiener Telefon einigermaßen erschöpfend auszusprechen. Auch ist der Wortschatz der deutschen Sprache zu gering, um für diesen jämmerlichsten aller Zustände auch nur ein Halbdutzend wirklich charakterisierender Ausdrücke zu finden. Die wenigen, die es gibt, muß man als Mensch von Art und Sitte füglich meiden. Aber da wir uns einmal mit dem Wiener Telefon zu befassen begonnen haben, gedenken wir, um den Interessen Tausender zu dienen, auch in… Read more.

Staub­verhütung auf Straßen, 1907

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Es wird sich noch zeigen, welche Ansicht sich durchsetzt! Die Klagen über den Automobilunfug mehren sich von Tag zu Tag, und das Ergebnis der letzten Wettfahrten ist beispielsweise ein solches gewesen, daß die allgemeine Stimmung jetzt gebieterisch fordert: Es dürfen Automobilrennen auf öffentlichen Straßen überhaupt nicht mehr gestattet werden! Gewiß mag man dem Sport in vernünftigen Grenzen sein Recht lassen, obwohl - wie die Nationallib. Korrespondenz mit Recht betont - es sich dabei bisher in der Hauptsache doch nur um… Read more.