Das photo­graphische Panorama, 1898

·

Der Erfinder der modernen großen Panoramen oder Rundgemälde war Professor Breisig in Danzig, und das erste in großem Maßstabe hergestellte Panorama das des Schotten Robert Parker, welches 1787 in Edinburgh gezeigt wurde.

Die Franzosen Pierre Prévost und Chr. Langlois errichteten in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts zwei Gebäude für Panoramen, deren Durchmesser sie auf 32 und 35 Meter steigerten. Der Engländer Burton überbot sie mit einem 1829 in London erbauten von 38 Meter, Hittdorf in Paris mit einem von 42 Meter Durchmesser. Das letztere, welches noch heute in den Champs Elysées sich erhebt, bildete das Vorbild für die meisten späteren Panoramen, deren es jetzt in fast allen größeren Städten gibt.
Das Rundgemälde wird in einem cylindrischen Raume auf einer lotrecht an der Wand herabhängenden, unten durch Bleistücke glatt gehaltenen Leinwand dargestellt, während der Zuschauer sich in der Mitte auf einer runden Plattform befindet. Oberlichter, die von den Beschauern nicht wahrgenommen werden können, geben die Beleuchtung und werfen ein gleichmäßiges Licht auf die Leinwand.

Die Illusion der Wirklichkeit wird übrigens nicht bloß durch malerische, sondern auch durch plastische Mittel angestrebt, indem rings um die Plattform, dem Beschauer zunächst, wirkliche Gegenstände angebracht werden, die sich nach der aufgespannten Leinwand zu mit der Malerei unmerklich verbinden.
Diese Panoramen sind dadurch sehr kostspielig, daß die ungeheure, nicht selten 1000 Quadratmeter messende Leinwand, von sehr tüchtigen und in diesem Fach wohlgeübten Künstlern bemalt werden muß.

Neuerdings haben daher die Fortschritte der Photographie und der Projektionskunst (Vorführung von vergrößerten Abbildungen und Darstellungen aller Art mittels einer verbesserten Laterna Magica) den Gedanken wachgerufen, die bemalte Leinwand durch eine weiße zu ersetzen, auf die man mittels eines für elektrisches Licht eingerichteten Projektionsapparates die vergrößerten Abbilder farbiger, auf Glas gemalter Photographien wirft.
Der Projektionsapparat muß im Mittelpunkt eines solchen photographischen Panoramas, in das unsere erste Abbildung uns einen Blick werfen läßt, aufgehängt sein. Mit acht in dem Apparate ringsum nebeneinander aufgestellten Platten von je zehn Centimeter Länge kann man die ganze Oberfläche der aufgespannten Leinwand mit Spiegelbildern bedecken, die mit Leichtigkeit gewechselt werden können.

Der erste Versuch dieser Art wurde 1892 im Pariser Konservatorium der Künste und Gewerbe durch den Obersten Moëssard und Herrn Molteni unternommen, welche auf einer im Halbkreise aufgespannten Leinwand die Hälfte einer panoramischen Aufnahme mit Hilfe von vier Projektionslaternen vorführten.

Von der Decke hängende Plattform mit Projektionslaterne
Von der Decke hängende Plattform mit Projektionslaterne

Der Amerikaner Chase hat das Verfahren seitdem noch mehr vervollkommt, so daß die ganze ringsum aufgespannte Leinwand mit einer zusammenhängenden Darstellung (Schlacht, Landschaft usw.) bedeckt erscheint. Auf unserem Bild ist ein Stück Wand weggenommen worden, damit man in das Innere hineinsehen kann.

Die Zuschauer stehen in einem solchen photographischen Panorama auf keiner Plattform mehr, sondern können nach Belieben in dem ganzen inneren Raume umhergehen. Oben von der Decke aber hängt eine Plattform von 2½ Meter Durchmesser herab, in deren Mitte der Schausteller steht, welcher die elektrischen Projektionslaternen ( auf unserem zweiten Bild ist nur eine einzige dargestellt) aufstellt und reguliert, die Platten einschiebt und so einstellt, daß auf der Leinwand keine Zwischenräume sichtbar werden.
Man denkt jetzt daran, durch Anwendung des Kinematographen ein solches Panorama noch interessanter und naturwahrer zu machen, und hofft, bis zur Pariser Weltausstellung von 1900 damit zu Stande zu kommen. Fr. N. 1898

Next Post

Ein neuer Aeroplan Weltrekord, 1909

Die Aeronautic scheint dermal alle Welt zu bewegen... Ein neuer Aeroplan Weltrekord wurde am 7. August 1909 von Roger Sommer auf den Feldern von Châlons in Frankreich aufgestellt. Flugzeughanger auf den Feldern von Châlons Roger Sommer gelang es, mit einem Zweidecker…
Read
Previous Post

Über Automaten, 1890

Der Automat oder Selbstverkäufer von Davies & Pourtel in London: Derselbe liefert, vornehmlich Eisenbahnreisenden, gegen Einwerfen eines Geldstücks 30 Minuten lang das Licht einer kleinen elektrischen Glühlampe, die das Lesen im Eisenbahnwagen auch bei Nacht gestattet. Will man länger lesen,…
Read
Random Post

Ein Eroberer 1908

Sei gegrüßt, du fröhlich Märchen,Sei willkommen, Karneval,Kommt, Ihr beiden kleinen Närrchen,Kommt, wir gehen zum Faschingsball!Was uns auch bisher woll´t schrecken,In des Werktags trübem Grau,Heut werft alles in die Ecken,Heut ist uns der Himmel blau! ----------------------- Sei gegrüßt, du fröhlich Märchen,Sei…
Read
Random Post

Politische Humorrevue 1. Quartal 1899

Beginn der Serie: Dieswöchentliche Tätigkeit des Koriandoli-Grafen 14. Januar: Seine Excellenz Graf Franz v. Thun-Hohenstein* hat den über seine Brauerei in Bodenbach verhängten Boykott zur Kenntnis genommen und beschlossen zu - schweigen. * Vom März 1898 bis Anfang Oktober 1899…
Read
Random Post

Pariser Chronik Februar 1889

Der Februar war diesmal ungnädiger, als es seine Art zu sein pflegt. Sonst schickte er uns, mit der hinterlistigen Absicht allerdings, sich im März durch einige Schneestürme wieder schadlos zu halten, schon in den tollsten Carnevalswirbel einige warme Brisen von…
Read
Random Post

Ein neues Nagetier in Böhmen 1911

In mehreren Blättern erschienen kürzlich Berichte über ein neues Nagetier in Böhmen, über die sogenannte Biberratte. Im Jahre 1906 wurden einige Exemplare der Biberratte von Josef Fürsten zu Colloredo-Mannsfeld behufs Belebung des Parkteichs in Dobris ausgelassen und haben sich dort…
Read

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sollte unwahrscheinlicherweise eine nach Ihrer Ansicht berechtigte Kritik an einer unserer Veröffentlichungen ihr Gemüt beunruhigen, so wenden Sie sich vertrauensvoll an unsere Redaktion dependance@illustriertesblatt.de